Restitution KunstWährend der Zeit des Nationalsozialismus wurden in Deutschland und in den besetzten Gebieten schätzungsweise 650.000 Kunstwerke gestohlen, beschlagnahmt, zwangsweise verkauft oder ihren Eigentümern anderweitig entzogen. Vermisste Gemälde und gestohlene Kunstwerke können viele Jahre nach der unrechtmäßigen Entziehung häufig nur noch unter Schwierigkeiten aufgefunden und den legitimen Eigentümern oder Erben zugeordnet werden. Die Rückgabe von Kunstgegenständen erweist sich auch in rechtlicher Hinsicht als höchst komplex. Wir informieren Sie über die Möglichkeiten der Restitution.

Was bedeutet Restitution im Zusammenhang mit Kunst?

Restitution bedeutet im Allgemeinen die Wiederherstellung eines früheren Zustandes. Im Zusammenhang mit Kunst bezieht sich Restitution auf die Rückgabe von Kunstwerken, die während der Zeit des Nationalsozialismus geraubt, enteignet oder zwangsweise verkauft wurden, an die ursprünglichen Eigentümer bzw. an deren Erben. Vorrangig erfolgt Restitution durch Rückgabe des geraubten Gegenstandes. Falls dies nicht möglich ist, kann Restitution auch durch anderweitigen Wertausgleich (insbesondere durch eine Geldzahlung) vorgenommen werden.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Kunstrestitution?

Die Restitution von Raubkunst unterliegt einem komplizierten rechtlichen Regelwerk. NS Kunstraub: Ansprüche auf Restitution nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch • Grundsätzlich können die rechtmäßigen Eigentümer von Kunstwerken die Herausgabe von Raubkunst verlangen (§ 985 BGB). Allerdings verjährt der „Herausgabeanspruch aus Eigentum“ nach dreißig Jahren (§ 197 Absatz 1 Nr. 2 BGB). • Auf einen Eigentums-Wechsel an einem Kunstwerk zielende Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind nichtig und damit von Anfang an unwirksam (§ 138 Absatz 1 BGB). Dem Eigentümer steht dann ein Herausgabeanspruch nach Bereicherungsrecht zu (§§ 812 Absatz 1, 817 BGB). Jedoch unterlagen diese Rückgewähransprüche vor Inkrafttreten der Verjährungsrechts-Reform 2001 einer 30-jährigen Verjährungsfrist. Damals noch nicht verjährte Ansprüche auf Restitution verjähren nunmehr 3 Jahre nach Kenntniserlangung über die anspruchsbegründenden Umständen (§§ 195, 199 Absatz 1 BGB) bzw. unabhängig von der Kenntniserlangung zehn Jahre nach Entstehung des Herausgabeanspruchs (§ 199 Absatz 4 BGB).

Restitution: Die ersten völkerrechtlichen Regelungen Artikel 56 der Haager Landkriegsordnung von 1907 untersagt die Beschlagnahme von Kunstwerken im Landkrieg. Im Luxemburger Abkommen von 1952 verpflichtete sich Deutschland völkerrechtlich zur Verabschiedung von Gesetzen zur Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus. Deutschland: Rechtsnormen zur Entschädigung von NS-Opfern

In verschiedenen Gesetzen legte die Bundesrepublik Deutschland Entschädigungspflichten fest: • Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung (1953) • Bundesentschädigungsgesetz (1956) • Bundesrückerstattungsgesetz (1957) • Bundesentschädigungsschlussgesetz (1965) Zudem orientierte sich die deutsche Rechtsprechung auch bei der Restitution an der „Radbruchschen Formel“, nach der enteignende Gesetze nichtig sind, wenn sie als „unerträglich ungerecht“ bewertet werden müssen oder mit dem Gesetz die Verleugnung der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen verbunden ist. Internationale Vereinbarungen zur Entschädigung von NS-Opfern ab 1990 Im „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ von 1990 übernahm die Bundesrepublik Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung, den Ausgleich von NS-verfolgungsbedingten Vermögensverlusten rechtlich zu regeln. Die „Washingtoner Erklärung“ („Washington Principles“ von 1998) enthält die Übereinkunft zwischen 44 Staaten (einschließlich Deutschland) und zwölf nicht-staatlichen Organisation, • während des Nationalsozialismus beschlagnahmte Raubkunst ausfindig zu machen, • die ehemaligen Eigentümer bzw. deren Erben zu identifizieren und • „gerechte und faire Lösungen“ umzusetzen. Die Washingtoner Erklärung ist zwar völkerrechtlich nicht verbindlich, doch wurden die Grundgedanken der Übereinkunft zur Restitution von etlichen Unterzeichner-Staaten in nationales Recht umgesetzt. Deutschland übernahm die Verpflichtung zur • Überprüfung der staatlichen Museumsbestände nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgegenständen und zur • Rückgabe identifizierter Kunstobjekte an die rechtmäßigen Eigentümer.   Beim „Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ wurde eine Arbeitsstelle für Provenienzforschung eingerichtet, die Museen, Bibliotheken und andere Sammlungen bei der Identifizierung von Kunstobjekten unterstützt, die den Eigentümern während der Zeit des Nationalsozialismus entzogen wurden.

Die „Limbach-Kommission“

Die im Juli 2003 erstmals tagende „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz“ kann von Betroffenen bei Fragen zur Restitution angerufen werden. Die nach ihrer Vorsitzenden, der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach benannte „Limbach-Kommission“ nimmt eine Vermittlungsrolle zwischen öffentlichen Sammlungen und den ursprünglichen Eigentümern bzw. Erben der Kunstwerke ein. Auf der Grundlage der Washingtoner Erklärung von 1998 kann die Limbach Kommission Empfehlungen für oder gegen eine Restitution aussprechen. Zwischen 2005 und 2015 gab die Kommission zehn Empfehlungen ab, zuletzt in den Jahren 2014 und 2015 drei Ablehnungen von Ansprüchen auf Restitution.

Was ist entartete Kunst?

In der Herrschaftszeit des Nationalsozialismus wurden alle Kunstwerke als „entartete Kunst“ bezeichnet, die mit den Schönheitsidealen und dem NS-Kunstverständnis nicht im Einklang standen. Als „entartet“ galten Stilrichtungen der Modernen Kunst wie Dadaismus, Expressionismus und Surrealismus. Bislang keine Restitution „entarteter Kunst“ Im Rahmen der NS-Aktion „entartete Kunst“ wurden 1937 20.000 Kunstwerke beschlagnahmt, die damals überwiegend zu Museums-Beständen gehörten und sich damit im Eigentum der öffentlichen Hand befanden. Das 1938 erlassene „Einziehungsgesetz“ wurde nach Kriegsende nicht aufgehoben und behielt bis 1968 Rechtskraft. Die über das Ende des Nationalsozialismus fortdauernde Gültigkeit des Einziehungsgesetzes wurde mit der Aufrechterhaltung des Rechtsfriedens und damit begründet, dass das Deutsche Reich als Eigentümer der Kunstwerke zur Veräußerung berechtigt war.  Jutta Limbach, die Vorsitzende der Kommission zur Untersuchung von NS-Kunstraub-Fällen plädiert für eine Aufhebung des Einziehungsgesetzes und für eine Restitution auch von Gegenständen der „entarteten Kunst“. Sie empfiehlt Besitzern von Kunstobjekten, die Objekte der „entarteten Kunst“ nach 1937 erworben haben, auf ihr Eigentumsrecht zu verzichten. Sollte der Gesetzgeber dem Vorschlag von Jutta Limbach folgen, so müssten die Kunstwerke an diejenigen Museen oder sonstigen Sammlungen zurückgegeben werden, in deren Eigentum sie 1937 standen.

Restitution von Raubkunst: Erfolgreich mit fachkompetenter Beratung

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